Badische Neueste Nachrichten Karlsruhe Donnerstag, 29. Dezember 2005
Gezupfte Mozart-Perlen
Das große Mozart-Jahr wirft seine mächtigen Schatten voraus: 2006 gilt es, dem Jubilar zum 250. Geburtstag zu huldigen. Der Plattenmarkt dürfte manche (überflüssige) Jupiter-Sinfonie und Zauberflöte anschwemmen, doch dass es auch huldvolle, pfiffige Annäherungen ganz anderer Art geben kann, hat erst kürzlich das beliebte Opera Swing Quartet mit „Wolferls Schmankerln” bewiesen (wir berichteten). Nicht minder kreativ haben sich nun auch Boris Björn Bagger und Detlef Tewes mit dem edlen Thema befasst. Das Ergebnis sind lauter Weltpremieren: Mozart-Perlen für Mandoline und Gitarre (Bella Musica Edition BM 31.9217, online unter www.edition49.de/shop zu beziehen).
Der Mozart-Freund reibt sich die Augen: Natürlich hat der Meister kein Originalwerk für diese Besetzung geschrieben. Das erfolgreiche Duo Tewes/Bagger hat jedoch kluge Berater gehabt, die feststellten, dass der gezupfte Klang in seiner spezifischen Farbe dem intimen Fluidum des damals gebräuchlichen Hammerflügels durchaus nahe kommt. Tatsächlich hören sich namentlich die Bearbeitungen der Klaviersonaten KV 331 (mit dem berühmten „Alla turca”) und KV 545 („Sonata facile”) viel zierlicher, raffinierter an als auf dem modernen Konzertflügel gespielt.
Das bedeutet freilich nicht, dass Mozart im Dialog der beiden Zupfinstrumente lediglich zu edlem Geplänkel gereicht. Wer befürchtet, die Zornesattacken der Königin der Nacht würden durch das zarte Zwiegespräch von Gitarre und Mandoline gezähmt, wird sich wundern, mit welcher Dramatik und Virtuosität der Hölle Rache im originellen Arrangement des Duos kocht, das übrigens glaubhaft versichert, in keiner Bearbeitung fehle auch nur ein Ton des Originals. Die Auswahl, die Tewes und Bagger getroffen haben, ist ebenso erlesen wie populär. Sie beginnt mit dem erfrischend aufgeputzten Kopfsatz der „kleinen Nachtmusik”, bietet das „Laudate dominum” und „Ave Verum” als geradezu meditative Intermezzi, gibt sich liebevoll Cherubinos beherztem Frauenlob „Voi, che sapete” aus dem „Figaro” hin und lässt das niedliche Adagio für Glasharmonika KV 356 wie einen Edelstein funkeln. Animiert wurde Mozart zu solchen kleinen Gelegenheitswerken für dieses Instrument von der Bruchsalerin Marianne Kirchgäßner, der führenden Glasharmonikaspielerin ihrer Zeit. Der kurzweilige Mozart-Strauß profitiert indes nicht nur von der schönen Zusammenstellung, sondern auch vom glänzenden, inspirierten und auf Details bedachten Spiel der beiden Solisten, die auch als Dozenten (u. a. an der Karlsruher Musikhochschule) den vorzüglichen Ruf führender Virtuosen ihres Fachs genießen.